„Dieses Stück hat die gleiche Wertigkeit, wie alle anderen Stücke, die bei uns gespielt werden.“
Karten für die Aufführung am Donnerstag, 8. November, um 19.30 Uhr, im Antonia-Werr-Zentrum gibt es an der Abendkasse. Eine Reservierung ist unter Tel. (0 93 85) 80 möglich.
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Es ist eine der letzten Proben vor den Theateraufführungen am Donnerstag und Freitag, 8. und 9. November, vor Publikum. „Heimat – mal anders“ heißt die einstündige Inszenierung. Die Darstellerinnen, Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren, sind hoch motiviert. In paillettenbestickten Abendkleidern, Roben in auffälligem Rot, romantischem Blau und in so hohen Schuhen, wie sie sie im Alltag wohl nie tragen würden, betreten sie die Bühne des Theaterhaus in Gerolzhofen. Wer gerade nicht mit Spielen dran ist, schaut zu oder wechselt hinter den Kulissen zügig das Outfit. Manch eine geht auch kurz raus, um Luft zu schnappen. Ein wenig ist die Anspannung spürbar.
Die zwölf Mädchen verbindet ein gemeinsames Schicksal. Oft stecken traumatische Ereignisse dahinter. Alle mussten sie ihre Heimat verlassen und leben aktuell im Antonia-Werr-Zentrum, eine heilpädagogisch-therapeutische Einrichtung der Jugendhilfe für Mädchen und junge Frauen in schwierigen Lebenssituationen. Hier lernen sie den Alltag zu bewältigen, gehen zur Schule, machen bereits eine Ausbildung und spielen nun auch Theater – freiwillig und in ihrer Freizeit. Dabei setzen sie sich damit auseinander, wie sie Heimat definieren oder nun neu definieren, nachdem sie eine vertraute Umgebung verlassen mussten.
Gemeinsam das Drehbuch geschrieben
Die Idee zur Theatergruppe hatten die Erzieherinnen Kathrin Winkler und Barbara Bäumer. Mit der Leiterin des Theaterhauses Gerolzhofen, Silvia Kirchhof, die Regie führt, holten sie sich professionelle Unterstützung mit ins Boot. Das Thema war recht schnell klar, weil ohnehin eine Themenreihe „Heimat“ im Theaterhaus angesetzt war. Doch was die Mädchen nun daraus gemacht haben, war ganz ihnen überlassen. Gemeinsam schrieben sie das Drehbuch.
Entstanden sind 16 Szenen, die zeigen, was die Mädchen beschäftigt. „Es ist ein Blumenstrauß an Emotionen und ein ganz besonderes Geschenk, das die Darstellerinnen mit dem Publikum teilen“, so Silvia Kirchhof. Während eines Workshop-Wochenendes hatten sie theoretisches Wissen zum Theaterspielen erlernt und das Gerüst für die nun anstehende Aufführung erarbeitet. In den folgenden vier Wochen wurde zweimal in der Woche geprobt. Sie definierten Details, lernten Texte, übten Musikstücke ein, wählten aus dem Fundus des Theaterhauses Kostüme aus und probten den Ablauf vor und hinter den Kulissen.
Die Zeit war knapp bemessen. Doch die musikalische Erziehung, die sie bereits im Antonia-Werr-Zentrum genossen hatten, half. Ein Mädchenpaar tanzt den Walzer, andere spielen ihr Lieblingslied am Klavier oder singen sogar. „Sehr mutig für Mädchen in diesem Alter“, findet Erzieherin Barbara Bäumer.
„Dieses Stück hat die gleiche Wertigkeit, wie alle anderen Stücke“
Aus 178 verschiedenen Kleidern durften sich die Mädchen ihr Showkleid aussuchen. Und wenn es einmal nicht passte, nähte es das Team des Theaterhaus einfach um. Zu den Aufführungen selbst kommt eine professionelle Maskenbildnerin, die die natürliche Schönheit der Mädchen unterstreicht. Ein Techniker sorgt für den richtigen Ton und das passende Licht. „Dieses Stück hat die gleiche Wertigkeit, wie alle anderen Stücke, die bei uns gespielt werden“, stellt Regisseurin Silvia Kirchhof klar.
Das Ergebnis: Wie es der Titel „Heimat – mal anders“ verspricht und wie es die persönliche Geschichte jeder einzelnen mitverantwortet, zeigen die zwölf jungen Frauen mit einem mal witzigen, mal schrägen, mal nachdenklichen, mal traurigen oder mal schrillen Blick auf die Heimat. Je nach individuellem Talent passiert das in Form von gesprochenen oder gestischen Szenen, am Klavier gespielten Musikstücken, durch Tanz oder durch Gesang. „Es ist wie eine kleine Revue, die verschiedene Stilelemente aneinanderreiht“, erklärt Silvia Kirchhof das Konzept.
Hinweis: Karten für die Aufführung von „Heimat – mal anders“ am Donnerstag, 8. November, um 19.30 Uhr, im Antonia-Werr-Zentrum gibt es an der Abendkasse. Eine Reservierung ist unter Tel. (0 93 85) 80 möglich. Die Vorstellung am 9. November im Theaterhaus Gerolzhofen ist bereits ausverkauft.
Zum Artikel von Diana Pfister auf mainpost.de